Uganda: John (12) lebt auf der Straße

John zusammen mit anderen Straßenkindern, die auch leere Flaschen sammeln. (Quelle: Angelika Böhling)Rund 300 Straßenkinder leben in der Stadt Lira. Auch John (12) lebt seit einem halben Jahr hier. Zu Hause hat er es nicht mehr ausgehalten.

Von Angelika Böhling, Pressesprecherin der Kindernothilfe

Bepackt mit einer Tüte leerer Plastikflaschen zieht John durch die staubigen Straßen, den Blick fest auf den Boden geheftet, in der Hoffnung, kleine Metallreste oder weitere Flaschen aufzugabeln. Was er findet, verkauft er an einen Händler. „Wenn es gut läuft“, erzählt er, „verdiene ich an einem Tag 5.000 Schilling (1,50 Euro).“ Wenn es schlecht läuft, nehmen ihm ältere Jungen oder Polizisten sein Geld mit Gewalt wieder ab. Von diesen Prügeleien hat John schon viele Narben davongetragen.

John hat eine leere Flasche auf der Straße gefunden. (Quelle: Angelika Böhling)Eltern tot, von der Oma fast täglich verprügelt

„Vor sechs Monaten bin ich von zu Hause weggelaufen. Ich habe es einfach nicht mehr ausgehalten“, sagt er. Zu Hause, das war die Hütte seiner Oma. John ist Waise. Sein Vater kam vor acht Jahren ums Leben, vor zwei Jahren starb seine Mutter. John musste bei seiner Oma bleiben. „Sie hat mich fast täglich verprügelt. Ich durfte nicht mehr in die Schule gehen, musste für sie Wasser schleppen und hart arbeiten. Nichts konnte ich ihr recht machen“, sagt John leise. Da beschloss er abzuhauen.

„Ich will Präsident von Uganda werden!“

Dann erzählte ihm ein Freund, im Projekt des Kindernothilfe-Partners CRO gäbe es kostenlos Essen und er könne zur Schule gehen. Jetzt kommt John jeden Tag hier und besucht die Schule. „Wenn ich groß bin, möchte ich Präsident von Uganda werden“, verrät er seinen heimlichsten Wunsch. „Er ist einer unser besten Schüler“, freut sich Projekt-Mitarbeiterin Beatrice Akello, „ich bin stolz wie eine Mutter auf ihn.“

John freut sich, dass es das Projekt gibt. (Quelle: Angelika Böhling)Ein sicherer Platz zum Ausruhen

152 Mädchen und Jungen werden im Projekt stark gemacht für das Leben: mit Essen, Kleidung, einem offenen Ohr für ihre Ängste und Nöte, aber auch mit einem sicheren Platz zum Ausruhen, einer Krankenstation und einer Waschecke. John bearbeitet seine verschlissene Hose und das durchlöcherte Poloshirt mit Seife und Bürste. Anschließend hängt er alles auf die Wäscheleine. Bis zum Abend, wenn er wieder zurück auf die Straße geht, sind die Sachen trocken.

„Das Projekt ist nur der erste Schritt für die Kinder“, sagt Beatrice Akello. „Unser eigentliches Ziel ist es, sie möglichst schnell mit ihren Familien zusammenzubringen.“ Das gelingt den Mitarbeitern seit Jahren bei jedem 3. Kind. Doch vorher prüfen sie ganz genau, ob die Kinder zu Hause wirklich gut versorgt und liebevoll aufgenommen werden.

John bei seiner Tante - zuammen mit Projekt-Mitarbeiterin Beatrice Akello und Kindernothilfe-Mitarbeiter Frank Mischo. (Quelle: Angelika Böhling)Ein neues Zuhause für John?

Vielleicht klappt das auch bei John. Er und Beatrice Akello besuchen heute seine Tante Santa Awor. Sie ist ein warmherziger Mensch und die Schwester seiner Mutter. Zusammen mit ihrer zehnjährigen Tochter lebt sie in einer aufgeräumten Hütte, die auf einem Stück fruchtbaren Land steht. Platz wäre hier genug für ihn. Sie reden und lachen, und als sich John und Beatrice verabschieden, strahlt John zum ersten Mal ein bisschen.