Haiti: Vania (13) überlebte das Erdbeben

BILD Reporter in Haiti / Erdbeben Januar 2010 Abb.: Die Schule von Carrefour / unter den Trümmern liegen die Körper von 150 toten Kindern Benjamin Weinkauf, Steinstraße 50, 04275 Leipzig. Tel: 0177 3017771 , ASV-Autorennr.: 4015721 Sparkasse Leipzig, BLZ 860 555 92, KN 1887197776.

Am 12. Januar 2010 erschütterte das schlimmste Erdbeben, das die Menschen in Haiti je erlebt haben, das Land. Die meisten Häuser sind nicht sehr stabil gebaut, deshalb wurden zigtausende Gebäude zerstört – Wohnhäuser, Geschäfte, Schulen, Krankenhäuser. Rund 316.000 Menschen starben, mehr als 310.000 Menschen wurden verletzt und  zwei Millionen Menschen wurden obdachlos.

Vania, eine 13-jährige Schülerin aus der Stadt Carrefour, überlebte das Erdbeben. Ihre Schule wurde völlig zerstört, 150 Mitschüler starben.

geschichten-kindergeschichten-haiit-katja-anger-knh80144_preview_powerpoint„Unser Lehrer gab uns gerade die Schulhefte zurück, als es auf einmal einen lauten Knall gab“, erzählt die 13-jährige Vania. „Vor Schreck sprang ich auf, verlor aber meinen Halt, weil plötzlich die ganze Erde schwankte. Steinbrocken prasselten auf uns herab, dann traf ein großer Stein mein linkes Bein und ein schrecklicher Schmerz durchzuckte mich. Mein Lehrer hat es irgendwie geschafft, mich aus den Trümmern zu ziehen, aber mein Bein war schwer verletzt.

Operation auf einem Schiff

Die nächsten neun Monate waren ganz schlimm. Ich kam in sechs verschiedene Krankenhäuser – zunächst nach Carrefour, wo man mir aber wegen Überfüllung nicht helfen konnte. Die Ärzte waren lange Zeit nicht sicher, ob sie mein Bein retten könnten. Schließlich wurde ich mit dem Hubschrauber auf ein Sanitätsschiff vor der Küste von Cap Haïtien gebracht, wo man mich mehrere Stunden operierte. Ich hatte viel Blut verloren und wäre beinahe gestorben. Nach vier Wochen konnte ich mich zum ersten Mal wieder im Bett aufsetzen. Ich fühlte mich sehr allein ohne meine Eltern, aber die Leute auf dem Schiff haben sich um mich gekümmert, mir vorgelesen und mit mir Karten gespielt.

Ich wollte nicht von anderen abhängig sein!

Nach zwei Monaten wurde ich in ein Krankenhaus verlegt; im Mai kam ich wieder nach Hause. Wegen der Metallteile, die mir eingesetzt wurden, um das Bein stabiler zu machen, musste ich allerdings noch fünf weitere Operationen überstehen. Im November 2010 konnte ich endlich zu meiner Familie zurück. Monatelang musste ich einmal pro Woche zur Krankengymnastik. Als meine Mutter eines Morgens zu mir sagte: ‚Morgen kannst du wieder zur Schule gehen!‘, hätte ich vor Begeisterung gern einen Luftsprung gemacht – aber das ging mit meinem Bein ja leider noch nicht! Insgesamt aber waren die ersten Monate nach dem Erdbeben furchtbar für mich. Ich dachte, ich könnte niemals mehr laufen. Ich habe mich geschämt, von anderen Menschen so abhängig zu sein. Dauernd brauche ich Hilfe, schon um die Treppen hoch- und runterzugehen. Aber ich hab‘ nicht aufgegeben!

Carrefour - kleine Schwestern

Unterricht in den Trümmern der alten Schule

Ich bin anfangs noch mit Krücken in den Unterricht gegangen – die Schwestern hatten nach dem Erdbeben mitten in den Trümmern unserer alten Schule Tische und Stühle aufgestellt, damit der Unterricht weitergehen konnte. Später gab es dann eine Notschule aus Holz und Zeltplanen, bis die neue große Schule fertig war. Ich will viel lernen, damit ich später in einem guten Beruf arbeiten kann.“

Vanias Verletzungen verheilten vollständig und sie kann längst wieder Luftsprünge machen wie früher! Die Schule hat die Kindernothilfe neu gebaut – viel größer und schöner als vorher.

Wir wünschen Vania, dass sich ihr Traum, einen guten Beruf zu erlernen, erfüllt.

Die neue Kindernothilfe-Schule in Carrefour. (Quelle: Kathrin Meindl)

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