Projektbeispiel Äthiopien: Die Zeltschule, die mitwandert
Mehr als 40 Grad im Schatten. Heißer Wind. Trockene Wüstenluft – und kein Freibad weit und breit. In einem Zelt mitten in der Afar-Wüste im Nordosten Äthiopiens, sitzen Schulkinder und beteiligen sich mit Feuereifer am Unterricht.
Diese Projektbeschreibung hat unser Praktikant Felix Stern verfasst
Almaz ist sieben. Sie und ihre Freunde kommen fast jeden Tag hierher – und das ganz ohne Zwang! Begeistert verfolgen die Kinder den Unterricht, fast als wäre er eine bessere Erfrischung für sie als jeder x-beliebige Swimming-Pool. Und das ist er wahrscheinlich auch.
Die „Afar“ müssen ständig umziehen
Die Afar – also die Menschen, die in der Afar-Region leben – sind Nomaden. Das heißt, dass sie ständig umziehen. Deshalb leben sie in Zelten, und sie bleiben nie lange an einem Ort, weil es dort immer nur für eine bestimmte Zeit genügend für die Kamele zu fressen gibt. Danach ziehen die Afar wieder mit Sack und Pack, mit Zelten, Kochtöpfen und Geschirr, mit ihren Kamelen, Rindern und Ziegen weiter, immer auf der Suche nach dem nächsten Regen, dem nächsten Weideplatz für ihre Tiere.
Bevor es unser Projekt gab, hatten Almaz und ihre Freunde immer „hitzefrei“, zumindest, was den Schulunterricht angeht: Weil sie ständig herumwanderten, konnten sie natürlich nicht die ganze Zeit ein und dieselbe Schule besuchen. Wirklich frei hatten Almaz und ihre Freunde allerdings auch ohne Unterricht nicht – statt zur Schule zu gehen, mussten die Kinder Ziegen hüten, Wasser holen und Brennholz suchen.
Eine Kindheit ohne Unterricht – so verlockend sich das für manche auch anhört, es verbaut einem Menschen die Zukunft. Wer nicht lesen und rechnen kann, kann keine Mails lesen, er weiß nicht, was er an der Kasse bezahlen muss, er kann später keinen Beruf lernen. Kinder haben ein Recht auf Bildung. Mit unserer Partnerorganisation vor Ort, DEC, haben wir uns deshalb etwas für die Kinder einfallen lassen.
Unterricht im Zelt
Unsere Lösung sind die Zeltschulen, die mitwandern. Wie ein Mobiltelefon kann man auch die Zeltschulen immer und überall mit hinnehmen. Die Männer des Dorfes packen das Zelt mitsamt den Tafeln, Schulbüchern und all den anderen Unterrichtsmaterialien einfach zusammen, wann immer die Nomaden weiterziehen. Auf dem Rücken eines Kamels wandert die Schule mit zum nächsten Lagerplatz, wo sie wieder ausgepackt und aufgebaut wird. So einfach ist das!
Mit unserem Partner haben wir den Afar aber nicht nur die Zelte und Schulmaterialien geschenkt. Schließlich brauchen die Kinder auch Lehrer. Meistens ist das ein Erwachsener aus dem Afar-Volk, den wir zum Lehrer ausgebildet haben. So kann er sein Wissen dauerhaft an die Kinder des Dorfes weitergeben. Im Unterricht selbst geht es natürlich ums Rechnen, Lesen und Schreiben – aber auch um Dinge, die den Kindern und ihren Familien im Alltag weiterhelfen: zum Beispiel Landwirtschaft, Tierzucht und Gesundheitsfragen. Auch über ihre eigenen Rechte klären wir die Kinder auf, damit sie schlau, stark und frei in eine bessere Zukunft starten können – und so vielleicht sogar ihrer ganzen Familie aus der Armut helfen.
Ist es da nicht logisch, dass Almaz und ihre Freundinnen gerne zur Schule gehen – selbst bei über 40 Grad im Schatten?
Projekt Nr. 60711